Thomas Zahn ist Fachanwalt für Arbeitsrecht bei der Kanzlei DBM. Und kennt sich bestens mit Elternzeit aus: Er ist Vater von drei Kindern und hat für alle eine Auszeit vom Beruf genommen. Zudem engagiert er sich im Väterzentrum Berlin und unterstützt Väter durch eine Rechtsberatung zu allen Elternzeit-Fragen.

Im Interview mit spielplatzfreunde.com spricht er über den einzigen großen Fehler, den Väter machen können, die planen in Elternzeit zu gehen. Er mahnt Arbeitnehmer, sich in ihren Chef hineinzuversetzen und erklärt, warum eine Elternzeit im Zeugnis nichts zu suchen hat.

spielplatzfreunde.com: Vor welchen Herausforderungen stehen Arbeitnehmer, die Ihre Rechtsberatung in Anspruch nehmen?

Thomas Zahn: „Viele Arbeitnehmer, die sich mit dem Gedanken tragen Elternzeit zu nehmen, sind sich unsicher, wie ihr Arbeitgeber das findet. Sie wollen daher erst einmal allgemein wissen, was ihre Rechte sind, welche Fristen sie einhalten müssen und welche Formalien zu beachten sind. Es kommt aber auch vor, dass Arbeitnehmer zu mir kommen, die sich in ihrem Job nicht mehr wohlfühlen oder wissen, dass sie auf der Abschussliste stehen. Für sie geht es mitunter darum, die Elternzeit zu nutzen, um mit einer möglichst günstigen Regelung aus dem Arbeitsverhältnis auszusteigen.“

Was raten Sie Arbeitnehmern, die in Elternzeit gehen wollen?

„Sie müssen die Elternzeit mindestens sieben Wochen vorher schriftlich ankündigen und haben dann sofort den Sonderkündigungsschutz für Elternzeitnehmer. Aber wie Arbeitnehmer handeln sollten, hängt sehr stark von ihrem Verhältnis zum Arbeitgeber ab. Wenn man beispielsweise jemand ist, der über eine Qualifikation verfügt, die auf dem Markt nicht ohne Weiteres zu bekommen ist, dann können sieben Wochen gegenüber dem Arbeitgeber geradezu eine Kriegserklärung sein, weil es ihm nicht möglich ist zu reagieren. Wer also ein vertrauensvolles Verhältnis zu seinem Arbeitgeber hat, kündigt seine Elternzeit frühzeitig an, damit dieser sich darauf einstellen kann. Andererseits sollte man die Frist ausnutzen, wenn einem der Arbeitgeber nicht wohlgesonnen ist. Eltern müssen zudem überlegen, wie lange sie Elternzeit nehmen wollen, gerade wenn eine längere Betreuung des Kindes beabsichtigt ist. Wenn man Elternzeit beansprucht, muss man gleichzeitig erklären, für welche Zeiten innerhalb von zwei Jahren man das tun will. An diese Zeit ist ein Arbeitnehmer auch gebunden.“

Was ist der größte Fehler, den Väter machen können, die planen in Elternzeit zu gehen?

„Arbeitsrechtliche Fallstricke gibt es bei der Elternzeit keine – man muss einfach nur die Formalien einhalten. Den einzigen großen Fehler, den Väter machen können, ist keine Elternzeit zu nehmen. Die Dauer der Elternzeit will gut überlegt sein: Wer etwa ein Jahr Elternzeit im Vertrauen darauf nimmt, danach einen Kitaplatz zu bekommen, der kann nicht ohne Zustimmung des Arbeitgebers die Elternzeit verlängern, wenn es mit der Kita nicht klappt.“

Muss der Arbeitgeber dem Elternzeitantrag zustimmen?

„Nein. Es heißt zwar Elternzeitantrag, aber Arbeitnehmer brauchen nicht das OK ihres Arbeitgebers. Es ist lediglich eine Information, mehr nicht. Der Arbeitgeber kann nichts dagegen tun. Wer allerdings ein entspanntes Verhältnis zu seinem Chef hat, dem rate ich, sich in seinen Arbeitgeber hineinzuversetzen. Zwei Monate Elternzeit kann jeder Arbeitgeber in der Regel gut verkraften. Bei vier oder sechs Monaten Elternzeit kann es dagegen für Arbeitgeber ein Problem sein, adäquaten Ersatz zu organisieren. Und wer gerne länger Elternzeit machen möchte, dem rate ich darüber nachzudenken, ob nicht ein Jahr eine gute Option sein könnte. Damit kommen Arbeitnehmer auch den Interessen des Arbeitgebers entgegen, denn er findet für ein Jahr eher eine Ersatzkraft als beispielsweise für 10 Monate.“

Kann man in der Elternzeit in Teilzeit arbeiten?

„Teilzeitarbeit in der Elternzeit wird von vielen Arbeitnehmern gewünscht, besonders nach dem Auslaufen des Elterngeldes. Der Gesetzgeber räumt Eltern, die länger als 6 Monate in einem Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitgeber stehen und dieser in der Regel mehr als 15 Beschäftigte hat, einen Teilzeitanspruch im Umfang von mindestens 15 und maximal 30 Wochenstunden ein. Einen solchen Teilzeitwunsch kann der Arbeitgeber nur unter Einhaltung bestimmter Formalien ablehnen, wenn er dringende betriebliche Gründe dazu hat. Solche Gründe können etwa darin liegen, dass eine Ersatzkraft für die Dauer der Elternzeit eingestellt wurde – ansonsten ist der Teilzeitanspruch der Eltern sehr stark und schwierig zu verweigern.“

Was gibt es beim Wiedereinstieg zu beachten?

„Es ist ganz einfach: Nach der Elternzeit geht es genau so weiter, wie es geendet hat. Das heißt, man macht genau den Job, den man vorher gemacht hat, zu den gleichen Bedingungen. Der Wiedereinstieg ist also in der Regel problemfrei, außer bei Arbeitnehmern, die auf der berühmten Abschussliste stehen. Es kommt immer mal wieder vor, dass jemand drei oder vier Monate vor dem Ende der Elternzeit zu einem Personalgespräch gebeten wird – ohne Mitteilung eines Themas. Dann kann man sich denken, dass ein Trennungsgespräch eingeleitet wird.“

Anfang des Jahres war der Fall eines Kreativen in aller Munde, der unmittelbar nach seiner Rückkehr aus der Elternzeit gefeuert wurde. Erleben Sie solche Fälle in der Praxis häufig?

„Ich bin seit 16 Jahren Anwalt und würde zugunsten der Arbeitgeber in Deutschland sagen, dass solche krassen Fälle die Ausnahme sind. Bei dem Fall des Kreativen hat sich der Arbeitgeber sicher keinen Gefallen getan. Es wird viele Leute geben, die ihm das verübeln und das wird er an den Aufträgen merken. Ich würde keinem Arbeitgeber zu einem solchen Schritt raten, sondern immer eine Konsenslösung bevorzugen. Außerdem wird es gerade im Zeitalter des Fachkräftemangels eine wichtige Rolle spielen, Vätern Arbeitsbedingungen anzubieten, die ihnen ein Familienleben ermöglichen.“

Auf was müssen Arbeitnehmern im Falle einer Kündigung achten?

„Wenn man eine Kündigung bekommt, sollte man in jedem Fall zu einem auf Arbeitsrecht spezialisierten Anwalt gehen. Dabei ist zu beachten, dass man nur innerhalb von drei Wochen gerichtlich gegen eine Kündigung vorgehen kann. Er wird schauen, ob es bei der Kündigung formale oder inhaltliche Probleme gibt, bei denen man ansetzen kann. Mitunter findet sich im Zeugnis ein Passus mit der Erwähnung der Elternzeit. Dort hat sie allerdings nichts zu suchen. Der Arbeitgeber bewertet im Zeugnis nur die Arbeit des Arbeitnehmers und nicht, dass er gesetzlich verbriefte Recht ausübt.“

Bildquelle: DBM | RECHTSANWÄLTE Geske & Partner

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